Hilal Sezgin Vegan Herz
Hilal Sezgin Schafe
 
Eigentlich hatte ich nicht geplant, Tiere auf dem Hof zu haben, als ich 2007 von Frankfurt am Main in die Gegend von Lüneburg zog. Doch es ergab sich trotzdem so. Meine Nachbar*innen hatten für ihre Töchter eine kleine Schafherde aufgebaut, die allmählich zu meiner wurde – und sich schnell vergrößerte. Als ich herkam, waren es 13 Tiere; bis nach einem Jahr alle kastriert waren, bereits 44. Ein paar Ziegen, die ihre "Besitzer*innen" genervt hatten und geschlachtet werden sollten, kamen auch noch dazu, sowie später zwei Schafe aus schlechter Haltung: albert-schweitzer-stiftung.de.
Dann bekam ich von einem befreundeten Biobauern jedes Jahr die Legehennen geschenkt, die übrig blieben, nachdem die anderen 10 000 zum Schlachthof gefahren worden waren. Wie diese armen Tiere, obwohl ja nun schon "Freiland" und zertifiziert "bio", aussahen! Erschöpft, zerrupft, geschunden von den 13 Monaten, in denen sie wie kleine Maschinchen hatten Eier legen müssen.
Eigentlich waren sie es, die aus mir, einer langjährigen Vegetarierin, eine Veganerin machten – diese Bio-Hennen sowie die Demeter-Milchkühe eines nahegelegenen Ortes. Dort musste ich zum ersten Mal beobachten, wie verzweifelt die Mütter schreien, wenn man ihnen die Kälber nach der Geburt weggenommen hat, weil ja der Mensch die Milch trinken will und das Kalb in seine Plastikhütte kommt und Ersatzmilch aus dem Eimer kriegt.
Hilal Sezgin Hase Porzellan
Zwei Gänse leben auch noch hier und neuerdings fünf Kaninchen, von denen einige geschlachtet werden sollten und eines bei mir um die Ecke im Wald ausgesetzt worden war. Ich kann Kaninchen als Haustiere nicht empfehlen. Wirklich nicht! Sie mögen süß aussehen, aber die wenigsten von ihnen wollen mit Menschen kuscheln, und wahnsinnig empfindlich sind sie (insbesondere ihre Atemwegs- und Verdauungsorgane) auch.
Aber was soll man machen, wenn sie "nun schon mal da" sind? Als Bosse, Lasse und Ole (ja, auch ich liebte Lindgrens "Bullerbü"!) zu mir kamen, konnten sie nicht mal richtig hoppeln, weil sie in ihren kleinen Mastställen keine Gelegenheit dazu hatten. Zwei Tierärzte erzählten mir, aus demselben Grund kämen gelegentlich auch Haustier-Kaninchen, die zum Tierarzt gebracht werden, zu Tode: Daheim sitzen sie in den üblichen Käfigen und können keine Muskulatur aufbauen; beim Transport springen sie ihren Menschen manchmal vor Angst vom Arm und brechen sich Beine oder Rückgrat: www.berliner-zeitung.de.
Wieso aber nennen wir Tierrechtler*innen einen Ort, wo vermeintliche "Nutztiere" einfach nur leben können, "Lebenshof" und nicht "Gnadenhof"? Weil letzteres irgendwie schrecklich "gnädig" klingt, so als ob es eine unglaubliche Großzügigkeit menschlicherseits wäre, älteren Tieren "nach getaner Arbeit" noch etwas Ruhe zu vergönnen. Gnade vor Recht, und all das. Dabei ist es keine besondere Gnade, die wir den Tieren gewähren, sondern einfach nur das, was sie selbst wollen und was ihnen zusteht.
Hilal Sezgin Tierschutz
Weil ich ein Buch mit dem Tierrechtsslogan "Artgerecht ist nur die Freiheit" geschrieben habe, werde ich oft gefragt, ob meine Schafe hier denn wirklich frei seien. Können sie zum Beispiel überall hin laufen? Nun, "Freiheit" meint ja nicht vor allem die empirische Möglichkeit, alles tun und lassen zu können, was einem beliebt; niemand von uns kann das. "Freiheit" im moralisch-politischen Sinne hingegen heißt, dass man nicht von der Willkür anderer gezwungen, beeinträchtigt, ausgebeutet wird. In diesem Sinne sind die hiesigen Schafe frei. Natürlich sind ihre Weiden eingezäunt – zu ihrem eigenen Schutz. Wenn ich Kinder hätte, würde ich sie auch nicht einfach so auf der Straße rumlaufen lassen. Und wenn der Tierarzt kommt und ich die Schafe festhalte zum Impfen, finden sie das auch nicht toll; aber anders als das Impfen, Kupieren, Markieren in der Landwirtschaft geschieht so etwas auf einem Lebenshof im eigenen Interesse der Tiere. Sie mögen nicht verstehen, was wir tun – aber wir tun es für sie. Das ist ein wesentlicher Unterschied.
Hier ein kurzer Text von mir dazu: www.fr-online.de. Mehr solcher Kolumnentexte sind in meinem Buch "Hilal Sezgins Tierleben" versammelt. Zur Theorie rund um das Thema Lebenshof, aber auch zu Kastration und Euthanasie finden sich in "Artgerecht ist nur die Freiheit. Eine Ethik für Tiere oder warum wir umdenken müssen". Und wie es überhaupt dazu kam, dass ich aus der Stadt Frankfurt am Main hierher zog, und wie sich das Leben auf dem Land entwickelte, erzähle ich in "Landleben".
Eine Bitte in eigener Sache zum Abschluss: Weil ich diesen Lebenshof mehr oder weniger im Ein-Frau-Betrieb führe, kann ich leider keine Besucher*innen empfangen und herumführen, ebenso wenig wie Praktika anbieten. Und leider kann ich keine weiteren Tiere mehr aufnehmen und weiß auch keine weiteren Plätze, wo welche unterkommen können. Alle Lebenshöfe, die ich kenne, platzen schon aus allen Nähten, und viele ihrer Betreiber*innen sind arg überlastet. Bitte schickt mir daher keine Mails mit dringlichen Aufrufen und/oder Fotos von Tieren – von denen jedes einzelne "verdienen" würde, ein gutes Leben in Freiheit zu führen; es macht mich nur traurig zu sehen, nicht helfen zu können.
Bitte denkt daran: Ein Tier ist erst dann "gerettet", nicht wenn es dem Schlachter abgekauft ist, sondern wenn es ein ums andere Jahr gut versorgt wird. Und wir Veganer*innen können schlecht alle Tiere aufkaufen, die die anderen lieber essen wollen... So wichtig die Hilfe für individuelle Tiere ist, bleibt daher doch die andere Aufgabe bestehen: Tierrechtsideen und Veganismus zu verbreiten, so freundlich, energisch oder wütend, wie man vom Temperament und Tagesform her halt kann. Erst wenn die Ausbeutung der Tiere beendet ist, brauchen auch keine mehr "gerettet" zu werden... sondern können einfach auf dieser Erde leben, nur um ihrer selbst willen, so wie wir.
 
Hilal Sezgin Schaf
Hilal Sezgin Kaninchen
Hilal Sezgin Schafe
Hilal Sezgin Kaninchen
Hilal Sezgin Schaf
Hilal Sezgin Schafe
Hilal Sezgin Schaf
Hilal Sezgin Gänse
Hilal Sezgin Äste Bäume
Hilal Sezgin Kapuzinerkresse
Hilal Sezgin Schafherde
Hilal Sezgin Schafherde
Hilal Sezgin Lüneburger Heide
Hilal Sezgin Schaf
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Hilal Sezgin Schafe Stall
Hilal Sezgin Wiese Natur Morgenstimmung
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Hilal Sezgin Schafe
 
Hilal Sezgin Vegan Herz